Goethe und das frisierte Mofa

Goethe Farbenlehre Didaktischer Teil Johannes Pawlik Köln: DuMont 1974, Softcover

Es war ein herrlicher Sommertag. Ich saß im Schatten einer großen Buche auf einer kurz gemähten Wiese und zeichnete Skizzen auf einem Block. Es muss im Jahr 1977 gewesen sein. Meine Haare waren lang und mein Mofa frisiert.

Ein uraltes Dia: Diethard Sohn 1977, Jugendtreff Ditzingen
fotografiert von Detlef Sohn mit einer Retina Reflex

Da erschien eine Frau mit schwarz gelocktem Haar, einem großen goldenen Ohrring und einem orientalisch wirkendem Kleid, wie man es damals öfter sah. Sie setzte sich zu mir und interessierte sie sich für meine Zeichnung, die ich ihr zögernd zeigte. Nach längerer Betrachtung zog sie ein Buch aus ihrer Tasche und reichte es mir:

„Johannes Pawlik, Goethe Farbenlehre“.

Neugierig blätterte ich eine Seite nach der anderen durch. Sie beobachtete mich beim Blättern ihres Buches und meinte schliesslich: „Du kannst das Buch behalten“ .. „Wie?? Einfach so?“ erwiderte ich etwas erstaunt „Ja einfach so“ bestätigte sie, und fügte rasch hinzu: „ich schenke es dir. Nimm es! Bei dir ist es gut aufgehoben“.

Das Buch, war ein großartiges Geschenk. Es begleitet mich bis heute, und bis heute lese ich immer wieder darin.

Sicher, Goethe’s Beitrag zur Farbenlehre, den er selbst unter all seinem Schaffen besonders hervorhob, war nie unumstritten. Auch seine Polemik gegenüber Newton war geradezu grotesk. Für mich aber war dieses Buch der Einstieg in die Analyse der Farben, ihrer Tonwerte, Kontraste und ihrer Wirkung auf uns Menschen.